Bregenzer Festspiele zeigen Guiseppe Verdis Oper »Rigoletto«
von Mareike Kratt
Die Bregenzer Festspiele setzen auch in diesem Jahr auf einen großen Namen: Giuseppe Verdis Oper »Rigoletto« soll die Zuschauer an die bekannte Seebühne im Bodensee locken. Das Stück mit der bekannten Arie »La donna è mobile« wird zum ersten Mal bei dem rund vierwöchigen Festival in Bregenz aufgeführt. Der Besuch an einem lauen Sommerabend ist schon allein wegen der unverwechselbaren Atmosphäre rund um die Seebühne lohnenswert – nicht nur für Opernfans.
Die Hauptfigur in Giuseppe Verdis Oper
»Rigoletto«
muss viel ertragen. Der gleichnamige Hofnarr amüsiert sich zunächst mit seinem lüsternen Herzog - aber seine eigene Tochter Gilda sperrt er zu Hause ein, um sie vor Männern zu schützen.
Doch es kommt - natürlich - wie es kommen muss: Gilda wird entführt, und der Vater muss zunächst Sorge, dann Angst und Hoffnungslosigkeit durchstehen. Und sein Verfall ist an diesem Mittwochabend
bei den Bregenzer Festspielen deutlich zu sehen: Im Zentrum des Bühnenbildes steht ein knapp 14 Meter hoher Kopf aus Fassadenputz, Stahl und Holz, der eine riesige zweite Version des Hofnarrs
darstellt.
Und je mehr Rigolettos Verzweiflung wächst, umso mehr verliert der Kopf an Substanz. Erst fehlen die Augäpfel, dann fällt die Nase ab, und zum Schluss werden ihm noch die Zähne gezogen. Es ist
eine ebenso verblüffende wie greifbare Inszenierung, die Philipp Stölzl auf die bekannte Seebühne am österreichischen Bodenseeufer bringt.
Er habe mit seinem Team mehr als drei Jahre an dem Kopf gearbeitet, sagte Stölzl im Vorfeld bei der Vorstellung des Programms.
»Das ist eine Maschine, die sich echt gewaschen hat - und es so noch nie gab auf der Welt.«
Und tatsächlich beeindruckt die Geschmeidigkeit und Schnelligkeit, mit der sich nicht nur der riesige Kopf, sondern auch eine ebenso überdimensionale rechte Hand mit all ihren Fingergliedern
bewegen lässt.
Der Kopf fährt immer wieder in sämtliche Richtungen, mal schwebt er nach oben und lässt seine Augen in den Himmel blicken, mal sinkt er nach unten ins Wasser hinein. Mithilfe des Lichts, das ihn
in verschiedene Farben taucht, erscheint er zudem amüsiert, besorgt oder auch fast schon dämonisch.
In einer zweiten, linken Hand hält die Figur dagegen einen großen Heißluftballon, in dem am Schluss die verstorbene Gilda in den Himmel fliegt. Die Vermutung kommt auf: Es mag das bisher höchste
Bühnenbild der Bregenzer Festspiele sein. Und auch der Bodensee wird ausgiebig als Spielfläche genutzt. Bereits in den ersten Minuten fallen, springen oder stolpern die ersten Darsteller ins
Wasser.
Der Rest der Inszenierung wirkt wie aus einer - zumindest oberflächlich fröhlichen - Zirkuswelt entsprungen. Es gibt eine bunte Truppe mit Akrobaten, Musikern und Künstlern, die den Herzog von
Mantua (Stephen Costello) und seinen Hofnarren (Vladimir Stoyanov) nur allzu gerne bei ihrem Treiben unterstützen.
Doch die Stimmung kippt, als sie Rigoletto selbst einen Streich spielen wollen: Sie entführen seine vermeintliche Geliebte, bringen sie zum Herzog und sind selbst entsetzt, als sie erfahren, dass
es sich um seine Tochter Gilda (Mélissa Petit) handelt. Und das Unglück nimmt seinen Lauf: Der Hofnarr will sich am Herzog rächen und beauftragt einen Mörder, ihn zu töten. Doch am Ende ist es
Gilda, die an seiner Stelle stirbt.
Für ihre Darstellung erhalten vor allem die drei Hauptdarsteller am Ende begeisterten Applaus von den Zuschauern. Begleitet werden die Sänger unter anderem von den Wiener Symphonikern und dem Prager Philharmonischen Chor, die musikalische Leitung hat Enrique Mazzola inne.
Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl ist bisher als Theaterregisseur und Filmemacher (»Nordwand«)
bekannt ist. Er habe bei der Anfrage für Rigoletto am Anfang ein wenig gezögert, sagte Stölz in einem Interview mit der Festspielzeitung.
»Denn es ist ein Kammerspiel, oft nur mit zwei Personen auf der Bühne, im Verborgenen, bei Nacht; man könnte es mit nur einer Wand und einer Tür spielen - doch genau darin besteht die
Herausforderung, für ein so intimes Stück eine metaphorische Bildwelt zu schaffen, die groß genug ist für den See.«
Die Wahl sei ihr leichtgefallen, sagte Intendantin Elisabeth Sobotka laut Mitteilung kürzlich. Sie habe sich die Hitliste der Opern angesehen und festgestellt, dass einige der größten Werke des Genres noch nie in Bregenz zu sehen waren - darunter Verdis »Rigoletto« oder auch die Oper »Madame Butterfly« von Giacomo Puccini, die ab 2021 gespielt wird. Das Spiel auf dem See wechselt alle zwei Jahre.
Neben »Rigoletto« wird in diesem Jahr auch »Don Quichotte« von Jules Massenet gezeigt. Insgesamt soll es mehr als 80 Veranstaltungen geben, darunter Schauspiel-Aufführungen und Orchesterkonzerte. Die Bregenzer Festspiele locken mit rund 62 Prozent vor allem deutsche Gäste an. Die anderen Besucher stammen aus Österreich (23 Prozent), der Schweiz und Liechtenstein (13 Prozent) und aus dem restlichen Ausland (2 Prozent).
Weitere Informationen:
Die Bregenzer Festspiele finden bis 18. August statt.
Tickets unter www.bregenzerfestspiele.com.
Fotos: Felix Kästle