Philipp Haag aus Seedorf ist leidenschaftlicher Gleitschirmflieger
Gleitschirmfliegen ist eine Sportart der Superlativen und bietet Perspektiven, die wohl nur wenige genießen können. Einer davon ist Philipp Haag aus Seedorf (Dunningen/Kreis Rottweil). Der 25-Jährige hat ein ereignisreiches Jahr hinter sich.
Erst 2018 feierte Philipp Haag sein Debüt im deutschen Nationalteam, doch seine Erfolgsgeschichte in diesem relativ kurzen Zeitraum kann sich sehen, hat der Seedorfer schon einiges vorzuweisen.
Aktuell wird Haag in der Weltrangliste auf Platz 18 geführt, und das unter 6000 Gleitschirmfliegern, die diesen Sport weltweit ausüben. Bei den Junioren U25 ist Philipp Haag sogar auf Rang drei
und auch in der Gesamtwertung für Deutschland ist er Dritter.
Auftakt in 2019 war direkt mit einem Highlight, stand im März der Weltcup-Superfinale in Baixo Guanda in Brasilien an, an dem 119 Teilnehmer aus 30 Nationen mitmischten. »Das ist im Osten von Brasilien und war mein erstes Superfinal im
Weltcup«, erzählt Haag. Doch bei der Anreise zum Austragungsort hatte
er fast noch größere Hindernisse zu bewältigen: Erkältung, fehlendes Gepäck bei der Ankunft. Bis das wieder auftauchte, »musste ich mir von Teamkollegen Kleidung ausleihen und als das Fieber nachließ,
fühlte ich mich allmählich wieder fit.«
Die geniale und faszinierende Landschaft habe auch ihre Tücken und birgt Gefahren, wurden die Teilnehmer im Vorfeld von der Wettbewerbsleitung aufgeklärt. Vor allem wie man sich zu verhalten
habe, wenn es zu einer »Außenlandung" kommen sollte. »Da es in dünnbesiedelten Gegenden keinerlei Verbindung zur Außenwelt gibt, soll
man versuchen, in der Nähe eines Hofes zu landen. Auch vor Schlangen und anderen wilden Tieren wurde gewarnt«, beschreibt Philipp Haag.
Da die Flugbedingungen für ihn schwer einzuschätzen gewesen seien, musste er zwangsläufig Lehrgeld zahlen. »Nichts desto trotz war es ein sehr gelungener Wettkampf, da ich dort sehr viel
gelernt habe. Ich hoffe, dass ich dies bei meinem nächsten Wettkampf bei solchen Bedingungen anwenden kann. Es war jedenfalls nicht das letzte Mal Brasilien«, schwärmt der 25-Jährige im Rückblick.
Anfang April standen die »Bayern Open« auf dem Plan, an der sich 90 Konkurrenten beteiligten. Aufgrund des schlechten
Wetters wurde der erste Wettkampftag abgesagt. »Am Tag darauf haben
wir uns auf eine 130 km-Aufgabe mit sehr viel Wind gefreut. Was in Bayern als Flachland zählt ist für mich schon ein hohes Gebirge. Durch den starken Wind wurden die letzten 20km sehr knifflig.
Nur zwei Piloten schafften diese Aufgabe an diesem Tag, ich musste allerdings 10 km vor dem Ziel landen«, so der Seedorfer.
Trotz viel Wind verlief der zweite Tag für Philipp Haag sehr gut. »Ich
konnte über den gesamten Task (Aufgabe) in der Führungsgruppe bleiben und führte diesen auch öfters an und belegte am Ende den zweiten Platz. Mit diesen zwei Ergebnissen holte ich mir den
Gesamtsieg dieser Meisterschaft«, freute sich Haag.
Als anstrengenden aber coolen Wettbewerb beschreibt der 25-jährige Seedorfer den »Trofeo Monte Grappa« in Italien, ebenfalls im April 2019. In vier Tagen wurden über 450 km Luftlinie
geflogen, vom Flachland bis zum hohen Gebirge. Die Platzierungen von Haag waren sehr unterschiedlich. »Schon ein kleiner Fehler kann einen mehrere Plätze kosten. Diesen noch so kleinen
Fehler kann man fast nicht mehr ausbügeln«, weiß Philipp Haag und fügt
an: »Dennoch bin ich mit dem 16. Platz stolz.«
150 Gleitschirmflieger aus 48 Nationen nahmen an der Weltmeisterschaft im August in Mazedonien teil. »Dies ist mein zweiter Einsatz für das deutsche Nationalteam. Leider war der
Wettkampf nicht vom Erfolg gekrönt. Bei diesem Wettkampf bin nicht nur ich sondern das gesamte deutsche Team glücklos vor der Ziellinie gestanden«, machte der Seedorfer die Erfahrung, dass es auch Tiefschläge zu verkraften
gilt.
Mitte November ging es erneut nach Südamerika mit dem deutschen Nationalteam. Aus 30 Nationen beteiligten sich 112 Piloten/innen am »Paragliding World Cup«. Allerdings herrschten in der gesamten Woche nicht die besten Flugbedingungen.
»So haben wir nur an zwei Tagen das Ziel erreicht. Die Landschaft war
dafür wirklich atemberaubend schön, im Hintergrund sieht man die mächtigen Anden, leider haben wir diese aber nie erreicht. In der Gesamtwertung kam ich auf den fünften Platz. Dies ist für mich
bisher das beste Ergebnis in einem PWC«, so Philipp Haag.
Der Sport des Gleitschirmfliegens bringt es auch mit sich, dass man Kontakt zu den Einheimischen hat, eine Erfahrung, die der 25-Jährige nicht missen möchte. »Neben der eindrucksvollen Landschaft ist es auch die Fröhlichkeit, Freundlichkeit
und Offenheit der Menschen, die mich tief beeindruckt hat. So landete ich bei einer Außenlandung neben einer Schule und sofort war ich von zwei Dutzend Schülern umringt. Es gab ein großes Hallo
und Händeschütteln.«
Das erste Großereignis für Philipp Haag in diesem Jahr findet über Ostern statt, wenn ein Wettbewerb der Italienischen Liga ausgetragen wird. Und im Mai finden auf dem Kandel im Südschwarzwald
die baden-württembergischen Meisterschaften statt.
Fotos: (c) Ewa Korneluk