Top-Skitourengebiete für Powder-Freunde
von Mareike Kratt
Bereits bei Sonnenaufgang auf knirschendem Schnee Richtung Gipfel steigen und der Erste sein, der eine Linie in den noch unverspurten Neuschneehang zieht: leuchtende Augen bekommen? Teil neun der WALDRAUSCH-Wintersportserie: die Top-Skitourengebiete für Powder-Freunde
Chamonix, Frankreich
Weiß glitzert die Kuppe des Mont Blanc 3800 Meter über dem Ort. Eine Besteigung des höchsten Berges der Alpen fordert selbst erfahrene Tourengeher.
Es ist kein Zufall, dass das Alpendorf Chamonix als Zentrum des französischen Alpinismus bezeichnet wird: Der Mont Blanc (4810 m) fußt auf seiner Nordseite direkt an der Gemeinde. Zwar sehen
seine Schneehänge, die im Winter hell leuchten und die herausragenden Felsen wie Wattebäusche umschmiegen, einladend und zahm aus. Unterschätzen darf man den „weißen Berg“ trotzdem nicht.
Selbst mit Gondelfahrt auf das Col du Midi (3842 m) geht und fährt man noch etwa 13 Stunden.
Wem das zu viel ist, der findet in der Nähe andere lohnende Touren, die weite Blicke in die Westalpen ermöglichen. Die West-Route auf das Col du Tour Noir (3535 m) gehört zu den einfacheren Zielen. Sie verläuft über den Améthystes-Gletscher und entlang der imposanten Flanke der Aiguille d‘Argentière mit ihren spitzen Säulen. In der eisigen Welt von Chamonix führen auch leichtere Routen meist über Gletscher und auf Berge jenseits der 3000-Meter-Marke. Nicht umsonst gilt der Ort als Mekka für Alpinisten.
Charakter: Meist konditionell und technisch sehr anspruchsvolle Touren, die alpine Erfahrung und gute Schneebedingungen voraussetzen.
Dolomiten, Italien (Südtirol)
Einmal quer durch die Dolomiten, Drei Zinnen inklusive, führen mehrere Routen. Sie schenken Skitourengehern eine Woche in der Welt bizarrer Felszacken.
Wie Zähne stechen die Felsspitzen der Dolomiten aus dem federweich wirkenden Neuschnee. Die Sonne lugt in die tief eingeschnittenen Täler, vertreibt die blauen Schatten der Nacht und schickt
angenehme Wärme hinab. Wer diesen Wandel mehrere Tage am Stück erleben möchte, sollte eine sechstägige Durchquerung auf Ski durch das sonnig-kalte Zauberreich angehen.
Die Standard-Tour beginnt an der Palagruppe im Südwesten und endet an den Drei Zinnen im Nordosten. Etwas kürzer, aber nicht minder reizvoll führt eine neuere Route vom Grödner Tal zum Sextner Tal: Am dritten Tag besteigt man den Dreitausender La Varella, und ganz zum Schluss fellt man auf, um den erhabenen Zacken der Zinnen seine Reverenz zu erweisen.
Auf welcher Route auch immer – abends, wenn die Schatten sich wieder blau in die Täler senken, steigt die Vorfreude auf den nächsten Tag, auf stiebende Abfahrten und einen verdienten Kaffee nach den schweißtreibenden Anstiegen.
Charakter: Die meisten Passagen fordern einen erfahrenen Skitourengeher; Steigeiseneinsatz erforderlich, teils auch Abfahrten am Seil.
Hohe Tauern, Österreich
Gleißende Gletscher und weite Panoramen – das Dach Österreichs ist ein Traum für passionierte Skitourengeher mit mehr als einem Tag Zeit.
Majestätisch hüllt sich der Großvenediger in ein Gewand aus Schnee, hin und wieder trägt eine Bö eine Fahne aus Eiskristallen in den blauen Himmel. Willkommen im Reich des Eises! In der
Großvenedigergruppe am namengebenden Großvenediger (3666 m) ruht die größte Gletscherfläche der Hohen Tauern an steilen Hängen und in Trogtälern. Und genau deswegen braucht jede Gruppe
mindestens einen Skitourengeher mit Gletschererfahrung.
Dann aber kann man sogar dem Regionalkönig Großvenediger aufs Haupt steigen – für viele die beste Skitour hier. Von oben schweift der Blick weit über die verschneite Alpenwelt, und die Abfahrten hinunter sind ein Traum. Reine Tagestouren gibt es in dem Gebiet kaum; am besten nutzt man das gut ausgebaute Hüttennetz. Für den Großvenediger, aber auch die Kreuzspitze liegt die Johannishütte auf 2121 Metern perfekt.
Basislager: johannis-huette.at
Anreise: Hinterbichl, dann Hüttentaxi: huettentaxi.at ins Dorfertal
Charakter: Das Gebiet eignet sich hauptsächlich für fortgeschrittene Skitourengeher mit Gletschererfahrung.
Engadin, Schweiz
Bekannt ist das Engadin für die Berninagruppe und ihre beeindruckenden Gletscherberge. Am Julierpass kommen aber auch Beginner in den Genuss von Powder.
Drei Pfeiler erheben sich gleichmäßig aus dem Persgletscher und bilden nach oben die drei Gipfel des Piz Palü (3900 m). Zwischen ihnen liegen Hängegletscher, die das Eisfeld zu ihren Füßen
speisen. Für viele zählt das Massiv in der Berninagruppe im Engadin zu den schönsten Gletscherbergen der Alpen. Wer es besteigen will, muss mehr einpacken als Ski und Felle: Pickel, Seil
sowie Steigeisen für die letzten Höhenmeter zum Gipfel.
Doch es gibt auch Touren für Anfänger, zum Beispiel rund um den Julierpass. Unter ihnen sticht der Piz Lagrev (3165 m) hervor: Bedingt durch die schattigen Hänge staubt dort der Tiefschnee auch dann noch, wenn sich ringsum die Schneedecken schon längst in Harsch verwandelt haben. Blickt man von seinem Gipfel aus nach Südosten, sieht man die Berninagruppe und den Piz Palü.
Charakter: Schöne Touren für gute Skifahrer; wer den Piz Palü besteigen möchte, braucht auch alpine Erfahrung.
Checkliste für Skitouren-Ausrüstung
• Skitourenschuhe
• Tourenski mit Tourenbindung
• Steigfelle
• Harscheisen
• Ski- / Teleskopstöcke
• Lawinenschaufel
• Lawinensonde
• LVS-Gerät
• ggf. Lawinen-Airbag-Rucksack
• Biwaksack
• Rucksack
• Sonnenbrille
• Sonnenschutzmittel
• Skibrille
• Trinkflasche (mindestens 1 Liter)
• Verpflegung für unterwegs
• Rucksack-Apotheke (Verbandszeug/Rettungsdecke)
• Karte
• Höhenmesser
• Stirnlampe
• Werkzeug (je nach Bedarf)
• Handy