Die besten Tiefschnee-Reviere der Alpen
von Mareike Kratt
Freeriden: Kaum ein Trend verbreitet sich im alpinen Sport so rasant und bezeichnet mehr als nur das Skifahren im Tiefschnee abseits der Pisten. Es beschreibt eine Lebenseinstellung: Natur, Schwerelosigkeit, Freiheit. Teil acht der WALDRAUSCH-Wintersportserie: die besten Tiefschnee-Reviere der Alpen.
St. Anton am Arlberg, Österreich
Der Arlberg ist das Schneeloch der Ostalpen, die Wiege des alpinen Skilaufs und einer der berühmtesten Alpenspots. Skicracks aus aller Welt tummeln sich auf den Pisten und in den zahlreichen
Tiefschneehängen – das Angebot reicht von wunderschönen Tree-Runs bis zu Abfahrten auf weiten, offenen Hängen und hochalpinen Lines durch steile, ausgesetzte Rinnen.
Wer unverspurten Powder sucht, muss – trotz der schier endlosen Freeride-Möglichkeiten – früh aufstehen oder sich besonders gut auskennen. Wer neu ist am Arlberg, sollte sich einer der vielen
Skischulgruppen anschließen – der Arlberg ist groß, und die besten Runs sind nicht immer die offensichtlichsten. Trotzdem ist das Skigebiet für Freerider ein Muss – und eine Droge: Sogar
Warren Miller hat ein zweites Mal am Arlberg gedreht!
Höhenlage: 1300 m–2811 m
Pistenkilometer: 278 km (110 km leicht, 138 km mittel, 30 km schwer; 180 km Skirouten)
Tageskarte: 54,50 Euro
Der Arlberg gilt als Schneeloch der Ostalpen
Andermatt, Schweiz
Andermatt bekommt (fast) immer Schnee – von Norden und von Süden. Gepaart mit einem tollen Skiberg, den man in alle Richtungen abfahren kann, einer Gondel auf knapp 3000 Metern, nur wenigen Pisten und 1500 Höhenmetern langen Runs ergibt das ein traumhaftes Tiefschneerevier. Von der Gemsstock-Bergstation ist man nach ein paar Schwüngen schon fernab vom Skigebiet; vor einem liegen Varianten wie das Felsental, das Guspis- oder das Unteralptal, eine schöner als die andere. Wer will, findet weite Hänge, steile Rinnen oder spannende Drops über Felsen.
Unterhalb der Mittelstation der Gemsstock-Bahn gibt es ein Lawinentrainingsgelände, in der Wartezone der Gondel einen Film zur aktuellen Lawinenwarnstufe und überwiegend breite Ski – an manchen Tagen sind bis zu 60 Prozent der Skifahrer im Gelände unterwegs.
Höhenlage: 1444 m–2963 m
Pistenkilometer: Gemsstock: 25 km (5 km leicht, 11 km mittel, 9 km schwer)
Tageskarte: ab 56 sFr
Seit der Saison 2017/18 gibt's in Andermatt keine festen Tagesskipasspreise mehr.
Verbier/4 Vallées, Schweiz
In Verbier bieten Flanken aller Expositionen und Steilheit endlose, perfekt mit Bahnen erschlossene Freeride-Möglichkeiten – zum Beispiel das Vallon d’Arby, den Rock Garden und den Col de la
Chaux.
Da Verbier kein Geheimtipp mehr ist, wimmelt es im Ort von Freeridern. Bei Neuschnee muss man früh aus den Federn kommen – und am besten ein Stückchen aufsteigen. Dann findet man anspruchsvolle Abfahrten abseits des Rummels. Wer unberührte Hänge sucht, kann von Verbier aus auch zum Heliskifahren starten!
Höhenlage: 1500 m–3330 m
Pistenkilometer: 176 km (65 km leicht, 31 km mittel, 80 km schwer)
Tageskarte: ab 61 sFr (Verbier), ab 67 sFr (4 Vallées)
Tiefschneehänge in Verbier
Alagna/Monterosa Ski, Italien
Alagna liegt am oberen Ende des Valsesia an der Südseite des Monte-Rosa-Massivs. Das Besondere an dem kleinen Ort im Piemont ist die wilde, hochalpine Landschaft. Dazu kommen die kleinen
Dörfer mit ihren Walserhäusern, die uralten Wassermühlen, die Fernsicht nach Mailand, der Blick auf dramatische Gletscherbrüche und natürlich die sensationellen 1500-Höhenmeter-Freeride-Runs
hinunter ins Tal.
Alleine die 2009 neu gebaute Idren-Gondel erschließt unzählige Abfahrtsvarianten – zum Beispiel zur Mittelstation Alpe Gabiet oder durch die schwierig zu findende Malfatta zurück nach Alagna.
Höhenlage: 1212 m–3275 m
Pistenkilometer: 180 km (46 km leicht, 117 km mittel, 17 km schwer)
Tageskarte: ab 43 Euro
Manchmal geht's sogar mit Ski nicht mehr weiter.
Chamonix/Mont Blanc, Frankreich
Das Besondere an Chamonix sind das hochalpine Gelände und die bis zu 2800 Höhenmeter langen Abfahrten. Dieser Ort ist nichts für Anfänger. Die Couloirs sind oft extrem schwierig und mit Abseilstellen gespickt, die Gletscher von Spalten durchzogen.
Im moderateren Skigebiet Domaine de Balme und in Grand Montets bieten sich allerdings gute Möglichkeiten zum Treeskiing. In Brévent und Flégère findet man viel pistennahes Freeride-Gelände, und die Aiguille du Midi ist ein optimaler Ausgangspunkt für hochalpine Runs und Touren.
Höhenlage: 1035 m–3842 m
Pistenkilometer: 152 km (34 km leicht, 70 km mittel, 48 km schwer)
Tageskarte: 65 Euro
Nichts für Anfänger: die Tiefschnee-Reviere in Chamonix
Praktische Tipps und Grundregeln beim Freeriden
• Immer Schneebedingungen und Lawinenberichte überprüfen
• Nie bei schlechter Sicht und starkem Wind fahren
• Die richtige Notfallausrüstung mitführen: Pieps, Schaufel, Sonde, ABS-Rucksack
• Nie alleine im Gelände unterwegs sein, 20 m Abstand bis 35 Grad Neigung
• Ausreichend Abstand zwischen den Gruppenmitgliedern halten
• Die passenden Skier kaufen: Lang, breit und aufgebogen
• Staatlich geprüfte und ortskundige Ski- und Bergführer buchen
• Zur Vorbereitung an Freeride- oder Lawinencamps teilnehmen
• Beim Skifahren den Auftrieb des Schnees nutzen